Der Zugang zu sauberem Trinkwasser wird in manchen Regionen immer schwieriger. Daher arbeiten Forscher:innen und Ingenieur:innen seit einigen Jahren an Methoden, Wasser aus Wüstenluft zu „ernten“. Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam, zu dem Chemiker:innen der Humboldt-Universität Berlin gehören, hat nun die molekularchemischen Vorgänge der Wasserernte analysiert und die Materialien zur Wasserernte optimiert.
Aufnahme von Wasser sogar aus Wüstenluft
In metallorganischen Materialien, auch MOFs (für metal-organic framework) genannt, bilden Metalle und organische Stoffe eine poröse Gerüststruktur mit besonders vielen winzigen Hohlräumen und einer hohen inneren Oberfläche. Bestimmte, auf Aluminium basierte MOFs wurden so
konstruiert, dass sich Wassermoleküle besonders gut in den Hohlräumen verfangen – sogar bei einer geringen Luftfeuchtigkeit von 20 %, wie sie in Wüsten üblich ist. Die Wärme der Sonne presst anschließend das „geerntete“ Wasser aus dem MOF. Ohne zusätzliche Energie lässt sich so sauberes Trinkwasser gewinnen. Daher sehen vielen in MOFs großes Potential, um Menschen in trockenen Gebieten mit Wasser zu versorgen. Wie und warum in den MOFs Wassermoleküle hängen bleiben, hat man bisher allerdings nicht richtig verstanden.
Blick auf einzelne Wassermoleküle
Das Forscherteam hat daher mithilfe von Röntgenkristallographie und quantenchemischen Berechnungen in die Hohlräume der MOFs geblickt und auf atomarer Ebene analysiert, wie genau sich die Wassermoleküle aus der Luft in dem metallorganischen Gerüst verfangen und sammeln. Dabei stellte das Team fest, dass während sich die ersten Wassermoleküle mit den organischen Stoffen des MOF verbinden, die weiteren Wassermoleküle viel besser mit den bereits vorhandenen Wassermolekülen interagieren. Sie bilden innerhalb der Hohlräume zunächst Ketten, dann Cluster und schließlich ein Netzwerk an Clustern. Wichtig war dabei auch, dass die ersten Wassermoleküle nicht zu fest mit den MOFs verbunden sind, da sonst das Wasser nicht richtig aus dem Material herausgepresst werden kann.
Auf Basis all dieser Erkenntnis entwickelten die Wissenschaftler:innen mithilfe von Experimenten und Computermodellen MOFs, die den Wassermolekülen die Möglichkeit geben Cluster zu bilden, ohne zu fest an den organischen Stoffen zu kleben.
„Die Entwicklung von wasseraufnehmenden Materialien basierte bisher auf dem Prinzip Versuch und Irrtum. Da wir jetzt verstehen, wie die molekulare Evolution von Wasserstrukturen in metallorganischen Materialen funktioniert, können wir diese auf atomarer Ebene gezielt optimieren“, sagt Prof. Dr. Joachim Sauer, Co-Autor der Studie und Chemiker an der Humboldt-Universität zu Berlin. Da Wassermoleküle sich je nach Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit anders verhalten, können mithilfe der Erkenntnisse der Studie auch MOFs erstellt werden, die für bestimmte Umweltbedingten optimiert sind und sogar in kühleren Gegenden funktionieren.
Originalpublikation:
- Hanikel, X. Pei, S. Chheda, H. Lyu, W. Jeong, J. Sauer, L. Gagliardi, O. M. Yaghi: Evolution of water structures in metal-organic frameworks for improved atmospheric water harvesting Science, 2021. DOI: 10.1126/science.abj0890
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dr. h.c. Joachim Sauer
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Chemie
Unter den Linden 6, 10117 Berlin
Email: js@chemie.hu-berlin.de
Tel:. +49 (0) 30 20937135