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Mischleitende Keramikmembranen: Vorteile der dezentralen Sauerstoffproduktion

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Autor: Isabell Hochstrat

Quelle: Fraunhofer IKTS

Um Sauerstoff kostengünstig vor Ort zu erzeugen, entwickelt das Fraunhofer IKTS sauerstoffpermeable keramische Membranen und darauf aufbauend Sauerstoffgeneratoren. Das Institut gehört auf dem Gebiet der Stofftrennung mit keramischen Materialien zu den führenden Forschungseinrichtungen.

Unabhängigkeit von Gaslieferanten

Sauerstoff zählt mit einem weltweiten Verbrauch von ca. 500 Mio. Tonnen pro Jahr zu den am häufigsten benötigten Industriegasen. Großtechnisch wird Sauerstoff über die kryogene Luftzerlegung (Kryo LZA) hergestellt und in der Regel zum Kunden transportiert. Der Sauerstoffpreis steigt deshalb für geringe Abnahmemengen stark an. Zur lokalen Produktion wird die Druckwechseladsorption (PSA) oder deren Vakuumvariante (VPSA) eingesetzt. Allerdings ist die O2-Reinheit dabei auf ca. 93 Vol.-% begrenzt und der hohe Stromverbrauch beeinträchtigt die Wirtschaftlichkeit des O2-Einsatzes stark. Zur kostengünstigen Sauerstofferzeugung vor Ort entwickelt das Fraunhofer IKTS sauerstoffpermeable keramische Membranen und darauf aufbauend Sauerstoffgeneratoren. Diese sogenannten mischleitenden Membranen (MIEC) benötigen zur Erzeugung von reinem Sauerstoff neben einer hohen Betriebstemperatur lediglich unterschiedliche O2-Partialdrücke. Der Energiebedarf des Verfahrens ergibt sich demnach aus dem Wärmebedarf zur Aufrechterhaltung der Betriebstemperatur und der erforderlichen Kompressionsenergie für die Gasverdichtung. Die Anwender der Sauerstoffgeneratoren bleiben unabhängig von Gaslieferanten.

Membranherstellung und Prozessführung

Bei der O2-Abtrennung aus Luft mit mischleitenden Keramikmembranen ist das IKTS der einzige Anbieter von kommerziell nutzbaren Membranmodulen und Pilotanlagen mit technisch relevanten Durchsätzen. Dabei sind das Gerätekonzept und die patentierte Verfahrensführung auf minimale Betriebskosten und eine lange Lebensdauer ausgerichtet. Die Keramikmembranen basieren auf gut verfügbaren Rohstoffen. Durch den Einsatz dünnwandiger Membranen wurden die erforderlichen Materialmengen bereits minimiert und der Sauerstoffdurchsatz gesteigert. Als Herstellungsverfahren wird das Strangpressen eingesetzt, das für große Stückzahlen ein hohes Potenzial zur weiteren Kostensenkung besitzt. Bei der Herstellung anfallendes Restmaterial wird vollständig recycelt. Die eingesetzten Membranen tolerieren hohe Heiz- und Kühlraten bzw. thermische Spannungen, sodass Membrananlagen mit kurzen Anfahrzeiten realisiert werden können. Bei Bedarf sind außerdem ein Stand-by-Betrieb sowie eine Variation des Sauerstoffdurchsatzes von ca. 10 bis 200 % gegenüber dem Normalbetrieb möglich.

Etablierte Verfahren versus Membranverfahren

Während bei etablierten Verfahren die gesamte Energie als Elektrizität benötigt wird, können MIEC-Membranen durch Verbrennung von Gas oder mittels Abwärme von Hochtemperaturprozessen beheizt werden. Der Strombedarf liegt dann nur noch bei 40 % einer großindustriellen Luftzerlegungsanlage. Darüber hinaus ergeben sich weitere erhebliche Betriebskosteneinsparungen, da der Gaspreis häufig nur ein Viertel des Strompreises beträgt. Ein weiterer Vorteil liegt in der Reduzierung der CO2-Emissionen. Bei der konventionellen Stromproduktion wird pro kWh deutlich mehr CO2 erzeugt als bei der Verbrennung von Gas.

Metallurgie: Steigerung der Produktionskapazität

Durch Verbrennung mit Sauerstoff können in bestehenden Ofenanlagen zur Aluminium-, Kupfer- und Stahlproduktion wesentlich größere Energiemengen eingebracht und somit die Produktionskapazität gesteigert werden. Darüber hinaus wird eine Wärmerückgewinnung aus dem Abgas wegen der stark verminderten Abgasmengen überflüssig. Damit vereinfacht sich das Anlagendesign erheblich: Anlagenkosten, Brennstoffbedarf und CO2-Emissionen sinken.

Glas- und Keramikindustrie: Einsparung thermischer Energie

Das Schmelzen von Glas und das Sintern von Keramik benötigen sehr hohe Temperaturen, die meist durch Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt werden. Zur Senkung der thermischen Verluste und des Brennstoffbedarfs wird meist die Verbrennungsluft mit Abgas vorgewärmt. Dadurch wird der verbrennungstechnische Wirkungsgrad erhöht. Hohe Vorwärmtemperaturen werden dabei aufgrund der steigenden NOx-Emissionen jedoch meist vermieden. Alternativ kann der Wirkungsgrad durch Verbrennung mit sauerstoffangereicherter Luft oder mit reinem Sauerstoff (Oxyfuel-Technologie) erhöht werden. Durch die Integration von Sauerstoffmembranen kann der benötigte Sauerstoff so direkt am gasbefeuerten Industrieofen bedarfsgerecht bereitgestellt und somit insbesondere bei hohen Prozesstemperaturen ein Großteil an thermischer Energie eingespart werden. Der zusätzliche Strombedarf für die Beheizung der Membranen liegt dabei lediglich bei 0,2 kWh/m3 O2 und damit nur bei einem Bruchteil der Einsparungen. Bei einer Verbrennung mit reinem Sauerstoff können die NOx -Emissionen deutlich vermindert werden. Da außerdem reines CO2 anfällt, wird wiederum eine hocheffiziente Sektorenkopplung möglich.

Zement- und Kalkindustrie: Effizienzsteigerung der Verbrennung

Die Kalk- und Zementproduktion ist aufgrund ihrer Prozesstemperaturen und der kontinuierlichen Fahrweise besonders gut für eine thermische Integration des Membrantrennprozesses geeignet. Der erzeugte Sauerstoff kann nicht nur zur Effizienzsteigerung der Verbrennung verwendet werden, sondern er fördert auch das Ausbrennverhalten schwieriger Ersatzbrennstoffe. Neben der Senkung des Brennstoffbedarfs und der brennstoffbedingten CO2-Emissionen kommt es durch eine Sauerstoff-Anreicherung der Verbrennungsluft zu einer Steigerung der CO2-Konzentration im Abgas und zur Senkung der Abgasmengen. Damit sinkt der Aufwand für eine CO2-Abtrennung mit konventionellen Verfahren.

(De)zentrale medizinische Versorgung: hoher Reinheitsgrad

Der Sauerstoff-Trennprozess findet bei etwa 850 °C statt, so dass der erzeugte Sauerstoff stets steril anfällt. Brennbare oder biologisch aktive Substanzen werden dabei vollständig zerstört und die auf der Luftseite potenziell entstehenden Reaktionsprodukte gelangen nicht in den Sauerstoff. Die sehr hohe Reinheit des produzierten Sauerstoffs ermöglicht eine einfache Dosierung bzw. eine unkomplizierte Herstellung definierter Gasmischungen. Eine Versorgung einzelner Patienten ist ebenso möglich wie die von Krankenhäusern oder Lazaretten.

Abwasserbehandlung: Senkung des Stromverbrauchs

Kläranlagen verursachen etwa 20 % des kommunalen Energieverbrauchs, wobei etwa die Hälfte auf die Belüftung des Belebungsbeckens entfällt. Industriegasproduzenten haben bereits gezeigt, dass bei Verwendung von Sauerstoff anstelle von Luft die einzublasende Gasmenge auf ca. 4 % gesenkt werden kann, also auf den Eintrag von 40 l Sauerstoff anstelle von 1000 l Luft. Außerdem können mit Sauerstoff auch hochbelastete Industrieabwässer behandelt oder Kläranlagen mit stark wechselnder Belastung einfacher an die Befrachtung angepasst werden. Für eine dezentrale Sauerstofferzeugung kann das in Faultürmen entstehende Klärgas vorteilhaft für die Beheizung der Sauerstoffgeneratoren genutzt werden. Der verbleibende Elektroenergieverbrauch ist mit 0,2 kWh/m3 O2 niedrig. Da die erforderliche Sauerstoffmenge deutlich geringer als die benötigte Luftmenge ist, kann dadurch der gesamte Stromverbrauch um mehr als 60 % gesenkt werden.

Aquafarming: Verbesserung der Krankheitsresistenz

In der professionellen Fischzucht kann durch Begasung mit Sauerstoff die Krankheitsresistenz verbessert, die Futteraufnahme und das Wachstum beschleunigt sowie die Besatzdichte erhöht werden. Mit Sauerstoffgeneratoren auf Basis mischleitender Membranen kann der Fischzüchter den benötigten Sauerstoff preisgünstig selbst erzeugen.

Nähere Informationen unter www.ikts.fraunhofer.de.

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