21.11.2023 Ι Das Forschungsprojekt „CAFIPLA“ mit Beteiligung des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ) möchte mindestens 80 Prozent biogenen Abfalls aus Haushalten als gemischte Eingangsbiomasse zur Erzeugung von Plattformchemikalien und zur Faserrückgewinnung zu nutzen. Hierfür konnte im Vorhaben ein pragmatischer Ansatz für die Vorbehandlung von Biomasse umgesetzt werden.
Im dreijährigen EU-Vorhaben „Combining carboxylic acid production and fibre recovery as an innovative, cost-effective and sustainable pre-treatment process for heterogeneous bio-waste“ (CAFIPLA) wurde das Potenzial biogener Abfallströme als Ausgangsmaterial für die Bioökonomie erschlossen. Im Gegensatz zu den derzeitigen Bioökonomiesystemen, die von zuckerbasierten Umwandlungen dominiert werden, stützt sich das CAFIPLA-Projekt dabei auf die Kombination einer Carbonsäureplattform (CAP) sowie einer Faserrückgewinnungsplattform (FRP), um Biomasse zu Biochemikalien, Bioprodukten, Futtermitteln und Biomaterialien aufzuwerten.
Biomasse wird fermentiert
In der in Teneville (Südbelgien) errichteten Pilotanlage können parallel zwei Fraktionen von Biomasse (trocken und feucht) im sogenannten „CAFIPLA LOOP“ fermentiert bzw. zu Faserstoffen verarbeitet werden. Der „Nasse Weg“ fermentiert die Biomasse, der Gärrest wird anschließend gepresst und filtriert. Die resultierende Flüssigkeit ist ein SCCA-Konzentrat, welches als Ausgangsstoff für die Produktion von Bioplastik, mittelkettigen Milchsäuren und mikrobiellem Protein dient. Die kurzkettigen Carboxylsäuren können darüber hinaus zu mikrobiellem Proteinpulver für Nahrungs- und Futtermittelzusatz und Dünger weiterverarbeitet werden. Die faserrückstände des Gärrestes sowie zerkleinerte Grün- und Papierabfälle dienen als Zuschlagstoff für biogene Verbandstoffe, Isolier- und Dämmmaterialien, die über den „trockenen Weg“ aus Grünschnitt gewonnen werden.
Als Projektpartner haben Wissenschaftler:innen des DBFZ technisch und legal nutzbaren Biomassen rund um die Pilotanlage kartiert und quantifiziert. Für die EU-weite Etablierung der Technologie wurde zudem ein Dashboard, der EU-Potential-Atlas entwickelt. Im interaktiven Tool werden nicht nur die Gebiete mit hohem theoretischem Potential der einzelnen Biomassen visualisiert, sondern auch die zeitliche Entwicklung von 2010 bis 2020 der Mengen angeben und Regionen verglichen. Der Nutzende kann europaweit zwischen Ländern (NUTS 0) und Gemeindeebene (NUTS 3) wählen.
Ungenaue Gesetzgebung
Im Zuge des Biomasse-Screenings haben Wissenschaftler:innen des DBFZ auch die Verwertungskette von der Biomassequelle bis hin zum CAFIPLA LOOP auf seine sozio-ökonomischen Aspekte untersucht. Hierfür wurden unter anderem Workshops mit Abfallunternehmen, Biomassebesitzer:innen, Wissenschaftler:innen, Technologieunternehmen, Organisationen im Bereich Biomassenutzung sowie mit politischen Entscheidungstragenden durchgeführt. Hierbei fiel insbesondere die ungenaue und sich stetig ändernde Gesetzgebung in der EU auf. Auch einzelne Regionen komplizieren eine schnellere Etablierung neuer Verwertungspfade von Bioabfällen. Zudem brauche es, so die Erkenntnis der beteiligten Wissenschaftler, Zertifizierungsverfahren, um die Einhaltung von Standards abfallbasierten Produkte zu gewährleisten und eine noch fehlende Akzeptanz der Bevölkerung zu schaffen.