An der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) haben Forschende eine Methode gefunden, um eine gefährliche Untergruppe von PFAS, sogenannte PFOS, in Wasser abzubauen. Die Piezokatalyse entfernt die Stoffe mit Hilfe von Nanopartikeln und Ultraschall und könnte zukünftig eine effektive Alternative zu bestehenden Verfahren bieten.
Die Gefahren von PFAS sind hinreichend bekannt. Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen finden sich in Pestiziden genauso wie in Gebrauchsgegenständen, zum Beispiel wasserabweisend beschichteten Textilien. Die Stoffe können nicht natürlich abgebaut werden und verschmutzen somit Böden und Gewässer, wodurch sie letztendlich auch in menschliche und tierische Organismen gelangen. Hier können sie unter anderem die Leber schädigen, Hormonstörungen auslösen und Krebs verursachen.
Eine Forschungsgruppe um Salvador Pané i Vidal, Professor am Institut für Robotik und Intelligente Systeme, hat eine neue Methode entwickelt, um eine Untergruppe der PFAS, die PFOS (Perfluoroctansulfonate), abzubauen. PFOS sind aufgrund ihrer Toxizität mittlerweile stark eingeschränkt oder sogar verboten.
„Das Hauptproblem besteht darin, dass die Moleküle aus langen Kohlenstoffketten bestehen, die von Fluoratomen umgeben sind. Diese Kohlenstoff-Fluor-Bindung ist so stark, dass man sehr viel Energie braucht, um sie aufzubrechen“, sagt Andrea Veciana, Doktorandin bei Pané i Vidal.
Elektrische Ladung ist der Schlüssel
Zum ersten Mal nutzten die Forschenden die Piezokatalyse, um die PFOS-Moleküle aufzubrechen und damit im Wasser abzubauen. Piezo bezieht sich auf die Piezoelektrizität, auf eine elektrische Spannung, die bei mechanischer Verformung entsteht. Katalyse meint die Beschleunigung einer chemischen Reaktion durch geeignete Substanzen. Das Team hat piezoelektrische Nanomaterialien entwickelt. Im Ultraschallbad laden sich diese Partikel elektrisch auf und wirken als Katalysator.
Pané i Vidal erklärt: „Es ist diese elektrische Ladung, die die ganze Kette von Reaktionen in Gang setzt und die PFOS-Moleküle Stück für Stück abbaut. Deshalb nennt man die Nanopartikel piezoelektrisch.“
Samy Boulos, ein Analysespezialist des Labors für Lebensmittelbiochemie, half der Gruppe dabei, die PFOS-Konzentration in ihren Proben zu messen. Die Forschenden konnten mit einem Massenspektrometer nachweisen, dass 90,5 % der PFOS-Moleküle abgebaut wurden.
„Man muss allerdings hinzufügen, dass wir mit einer sehr hohen Konzentration von vier Milligramm pro Liter gearbeitet haben“, sagt Veciana. «In der Natur, zum Beispiel in Seen und Flüssen, liegt die PFOS-Konzentration bei weniger als einem Mikrogramm pro Liter. Je geringer die Konzentration, desto länger dauert es, bis die PFOS abgebaut sind.“
Um das Verfahren beispielsweise bei Abwässern der chemischen Industrie einzusetzen, müsste man das Wasser zunächst konzentrieren und anschließend die PFOS zerstören.
Vorteile gegenüber anderer Methoden
Das Potenzial der neuen Methode wird deutlich, wenn man die bisherigen Möglichkeiten zum Abbau von PFAS betrachtet. Eine Methode wie die thermische Zersetzung beispielsweise ist mit einem Wärmeaufwand von 1000 Grad Celsius sehr energieaufwändig.
PFAS können auch durch Photokatalyse abgebaut werden. Dieser Prozess ähnelt der Piezokatalyse, allerdings wird statt mechanischer Energie Licht zur Aktivierung des Katalysators verwendet. Das Hauptproblem dieser Methode: In der Praxis geht es darum, Abwasser zu behandeln. Dieses ist trüb und nur wenig Licht kann es durchdringen. Veciana beschreibt eine dritte Methode, bei der ein Schwamm die Schadstoffe aus dem Wasser absorbiert. Dies sei jedoch keine endgültige Lösung, da man nun eine Lösung für den mit PFAS durchsetzen Schwamm finden muss.
Die diversen Nachteile dieser Methoden haben die ETH-Forschenden dazu animiert, nach einer neuen, besseren Lösung zu suchen. Die Piezokatalyse hat den Vorteil, dass sie mit verschiedenen mechanischen Energiequellen funktioniert.
„Wenn Wasser in Kläranlagen gereinigt werden muss, und ohnehin schon Turbulenzen im Wasser vorhanden sind, könnte man diese Energie vielleicht nutzen, um PFAS im Wasser abzubauen“, sagt Veciana.
Politische Veränderungen notwendig
An der praktischen Umsetzung der Methode hapert es trotz aller Vorteile noch. Pané i Vidal nennt die Skalierbarkeit des Verfahrens eine der größten Herausforderungen. Dennoch ist er zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen. Die Methode könne zudem nicht nur auf PFOS, sondern auf alle PFAS sowie andere Mikroschadstoffe angewendet werden. Generell sollten Methoden zum Abbau von PFAS eingesetzt werden, bevor die Chemikalien in die Umwelt gelangen, also in den Kläranlagen der Industriebetriebe oder in gesammeltem Wasser aus der Landwirtschaft, das wiederverwendet werden soll.
„Unternehmen sollten alle möglichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass das Wasser, das sie in die Umwelt ableiten, so sauber wie möglich ist“, sagt Pané i Vidal.
Veciana fügt hinzu: „PFAS sind ein globales Problem, das in erster Linie durch politische Veränderungen und mehr Transparenz angegangen werden sollte.“
In den Medien wird bereits viel über ein PFAS-Verbot und strengere Vorschriften berichtet, die die Industrie zu mehr Transparenz bei der Verwendung von PFAS zwingen sollen.