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Membranbioreaktor (MBR)

Ein Membranbioreaktor (MBR) ist ein kombiniertes Verfahren zur biologischen Abwasserbehandlung, bei dem die klassische Belebtschlammtechnologie mit einer membranbasierten Fest-Flüssig-Trennung kombiniert wird. Im Gegensatz zu konventionellen Kläranlagen, bei denen der gereinigte Schlamm in einem Nachklärbecken sedimentieren muss, übernehmen beim MBR Membranmodule die Aufgabe der Trennung. Dies ermöglicht eine kompaktere Bauweise, bessere Reinigungsleistung und höhere Prozesssicherheit – insbesondere bei der Rückhaltung von Mikroorganismen, Partikeln, Keimen und Makromolekülen.

Der MBR gilt als Schlüsseltechnologie für moderne kommunale und industrielle Abwasserreinigungsanlagen, insbesondere dort, wo hohe Ablaufqualität, begrenzter Platz oder strenge Umweltauflagen bestehen – etwa in der Pharmaindustrie, Lebensmittelproduktion oder bei Krankenhausabwässern.

Funktionsweise und Aufbau

Im Kern besteht ein Membranbioreaktor aus zwei Hauptkomponenten:

  1. Biologisches Reaktionsbecken: Hier erfolgt die mikrobiologische Umsetzung von gelösten organischen Stoffen, Stickstoffverbindungen und anderen Abwasserinhaltsstoffen durch aerobe oder anaerobe Mikroorganismen. Der Prozess entspricht weitgehend der klassischen Belebtschlammtechnik, arbeitet jedoch mit deutlich höheren Schlammkonzentrationen (bis 15 g/l TS).
  2. Membranmodul: Die Abtrennung des gereinigten Wassers vom Belebtschlamm erfolgt über eine Membran, meist im Ultrafiltrationsbereich (Porenweiten 0,01–0,1 µm). Die Module sind als Submerged MBR (integriert im Bioreaktor) oder als Side-Stream MBR (extern, im Kreislauf) ausgeführt.

Die Membran wirkt als absolute Barriere für Schwebstoffe, Bakterien und Viren. Der Filtratstrom wird mittels Unterdruck (typisch: 50–200 mbar) durch die Membran gesaugt. Periodische Rückspülungen und Luftspülungen (Air Scouring) sind notwendig, um Fouling und Verblockung zu minimieren.

Vorteile und Grenzen

MBR-Systeme bieten eine Reihe signifikanter Vorteile gegenüber konventionellen Verfahren:

  • Hervorragende Ablaufqualität: Rückhaltung von Mikroorganismen, Keimen und Partikeln > 99,9 %
  • Platzersparnis: keine Nachklärung nötig, kompaktere Reaktoren
  • Hohe Biomassekonzentrationen: stabile Prozesse auch bei Lastschwankungen
  • Möglichkeit zur Wiederverwendung: insbesondere bei Wasserknappheit oder Prozesswassernutzung
  • Geringerer Schlammabwurf: effizientere Biomasseverwertung

Dem stehen jedoch auch Herausforderungen gegenüber:

  • Membranfouling: mechanisch, biologisch oder chemisch bedingte Ablagerungen, die die Permeabilität verringern
  • Hoher Energiebedarf: insbesondere für Belüftung, Rückspülung und Rezirkulation
  • Aufwendigere Wartung: regelmäßige chemische Reinigung (CIP) und Membrantausch erforderlich
  • Investitionskosten: höhere Anfangsinvestitionen im Vergleich zu konventionellen Kläranlagen

Der wirtschaftliche Betrieb eines MBR hängt maßgeblich von der Optimierung der Filtrationszyklen, der Belüftungsstrategie und dem Fouling-Management ab. Die Entwicklung neuer Membranmaterialien (z. B. keramische Membranen) verbessert kontinuierlich die Langzeitstabilität und Performance.

Einsatzbereiche

MBR-Systeme sind heute weltweit in tausenden Anlagen im Einsatz – sowohl in der kommunalen Abwasserbehandlung (z. B. zur Einhaltung von EU-Badegewässerrichtlinien) als auch in der industriellen Abwasserreinigung mit hohem CSB/N-Gehalt oder besonderen Anforderungen an die Abwassereinleitung.

Typische Anwendungen sind:

  • Pharma- und Chemieindustrie: Rückhaltung biologisch schwer abbaubarer Stoffe
  • Lebensmittel- und Getränkeindustrie: hochbelastete Prozessabwässer mit hohem Hygieneanspruch
  • Flughäfen, Hotels, Krankenhäuser: dezentrale Anlagen mit hoher Reinigungsanforderung
  • Wasserwiederverwendung: als Teil einer 4. Reinigungsstufe oder zur direkten Nutzung

Schlussbetrachtung

Der Membranbioreaktor ist eine zukunftsweisende Technologie für die Abwasserbehandlung, die biologische Reinigung mit hochselektiver Membrantrennung kombiniert. Er ermöglicht exzellente Ablaufqualitäten, kompakte Bauformen und eine hohe Prozessstabilität – insbesondere bei schwankenden Belastungen oder anspruchsvollen Anwendungen. Die zentrale Herausforderung bleibt das Fouling-Management, doch technische Innovationen bei Membranen, Steuerstrategien und Energieeffizienz machen MBRs zunehmend wirtschaftlich attraktiv. Mit Blick auf Urbanisierung, Wasserknappheit und zunehmende Umweltauflagen ist der MBR ein entscheidender Baustein für eine ressourcenschonende, dezentrale und robuste Abwassertechnik im 21. Jahrhundert.