Mit rund 80.000 Kläranlagen in Europa gibt es ein ungenutztes Potenzial für die Produktion klimaneutraler Treibstoffe. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Start-up ICODOS haben aus diesem Grund gemeinsam mit der Stadtentwässerung Mannheim eine Anlage entwickelt, die Biogas aus Abwasser in Methanol umwandeln soll. Die Demonstrationsanlage „Mannheim 001“ ging am 24. März 2025 in Betrieb. Der derzeitige Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, drückte den Startknopf.
Methanol als alternativer Schiffstreibstoff
Nach Schätzungen der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation ist die Schifffahrt für rund drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um umweltfreundliche Alternativen zu fossilen Kraftstoffen zu finden, setzt das Konsortium auf Methanol. Beteiligt sind das Institut für Mikroverfahrenstechnik, das Institut für Automation und Angewandte Informatik des KIT, das Start-up ICODOS sowie die Stadtentwässerung Mannheim.
„Hier wird aus Biogas, das bei der Abwasserbehandlung anfällt, ein Wertstoff gewonnen – ein innovativer Ansatz, der zeigt, wie vorhandene Ressourcen intelligent und klimafreundlich genutzt werden können“, so Professor Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales des KIT.
„Mannheim 001“ als Vorbild für weitere Standorte
„Das Leuchtturmprojekt ‚Mannheim 001‘ ist ein weiterer Beweis, dass mit neuen Technologien Klimaschutz und industrielles Wachstum Hand in Hand gehen können“, erklärte der ebenfalls anwesende Mannheimer Oberbürgermeister Christian Specht. „Hier zeigt ein Start-up-Unternehmen aus unserem Technologie- und Gründungszentrum Mafinex mit Unterstützung aus dem Klimafonds der Stadt Mannheim und in enger Kooperation mit der Stadtentwässerung, wie aus Abwasser grüner Kraftstoff für die Schifffahrt hergestellt werden kann. Das ist eine weitere Innovation ‚Made in Mannheim‘, auf die wir stolz sein können.“
Die Demonstrationsanlage „Mannheim 001“ nutzt ein patentiertes Verfahren, um Biogas aus Abwasser in klimaneutrales Methanol umzuwandeln. Zunächst wird das in der Kläranlage entstehende Biogas gereinigt. Anschließend reagiert das darin enthaltene CO₂ mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff zu Methanol – einem vielseitig verwendbaren Rohstoff, der als Schiffstreibstoff oder in der chemischen Industrie eingesetzt werden kann. Diese Technologie kann bald auch in anderen Kläranlagen zum Einsatz kommen.
Dr. Vidal Vazquez, Mitbegründer von ICODOS, sieht darin ein Potenzial:
„Allein in Deutschland könnten Kläranlagen jährlich mehrere Millionen Tonnen nachhaltiges Methanol produzieren.“
Zukunftsperspektiven für klimaneutrale Mobilität
„Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, müssen wir uns alle technologischen Optionen offenhalten. Neben der Elektrifizierung und wasserstoffbasierten Antrieben brauchen wir klimafreundliche Kraftstoffe, insbesondere in der maritimen Schifffahrt. Deutschland sollte bei der Erforschung und Entwicklung eine Vorreiterrolle einnehmen. Darin liegt ein Wachstumsmarkt der Zukunft“, so Wissing. „Es geht auch darum, unser Land unabhängig von Energieimporten zu machen. ‚Mannheim 001‘ zeigt, wie Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz Hand in Hand gehen können. Dieses Projekt kann beispielgebend für viele weitere Standorte in Deutschland und Europa sein.“
Mit „Mannheim 001“ konnte ein erster Schritt eingeleitet werden, um Kläranlagen als Energiequelle zu nutzen und einen Beitrag zur klimaneutralen Mobilität zu leisten. Weitere Standorte sollen folgen.