Seen speichern riesige Mengen an Methan. Umweltwissenschaftler der Universität Basel machen in einer neuen Studie Vorschläge, wie dieses mittels mobiler Membrananlagen gewonnen und in Form von Methanol als Energieträger genutzt werden könnte.
Bei Diskussionen um die aktuelle Klimakrise steht meist Kohlendioxid (CO₂) im Fokus. Weniger bekannt ist das Treibhausgas Methan, das zwar wesentlich seltener in der Atmosphäre vorkommt, die Klimaerhitzung pro Mengeneinheit aber 80 bis 100 Mal so stark antreibt. Mehr als die Hälfte des durch Menschen verursachten Methans stammt aus der Erdölförderung und aus Düngung in der Landwirtschaft. Das Gas entsteht aber auch bei der natürlichen Zersetzung von Biomasse durch Mikroben, zum Beispiel in Seen. Maciej Bartosiewicz, Postdoktorand am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel, und Professor Moritz Lehmann, Leiter der Forschungsgruppe Biogeochemie, skizzieren in ihrer neusten Publikation das Potenzial und theoretische Möglichkeiten der Nutzung von Methan aus Seen und anderen Süssgewässern für die nachhaltige Energieproduktion.
Methan aus Seen und Wasserreservoirs macht weltweit rund 20 % der natürlichen Methanemissionen aus. «Das würde theoretisch ausreichen, um den globalen Energiebedarf zu decken», sagt Bartosiewicz. Seen nehmen mittels Algenwachstum kontinuierlich CO2 aus der Atmosphäre auf und Mikroben setzen den durch Photosynthese fixierten Kohlenstoff bei der Verwertung von Biomasse in Methan um. Dadurch bleibt der in Methan gebundene Kohlenstoff beim Verbrennen im natürlichen Kreislauf. Fossile Energieträger könnten durch «natürliches», erneuerbares Methan teilweise substituiert werden. Schon heute wird Methangas in Gaskraftwerken für die Stromproduktion verfeuert oder in Form von flüssigem Methanol als Treibstoff genutzt.
Wirtschaftliche Methangewinnung mittels Membranen und Zeolithen denkbar
Komplett neu ist das im Artikel beschriebene Konzept nicht: Im Lake Kivu zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo wird seit 2016 ein Wasser-Gas-Gemisch aus 260 Meter Tiefe gefördert. Auf dem Weg zur Wasseroberfläche trennen sich Gas und Wasser aufgrund des abnehmenden Drucks. In diesem Stadium enthält das Gas eine hohe Konzentration an Kohlendioxid und durchläuft daher einen Reinigungsprozess, um es mit Methan anzureichern. Dann wird es in Generatoren direkt zur Stromversorgung genutzt. «Dort kommt Methan hochkonzentriert in grossen Mengen am Seegrund vor», erklärt Bartosiewicz. «Die Methankonzentration ist rund hundert Mal höher als in gewöhnlichen Seen». Aufgrund der geringen Konzentration schien die Methangewinnung aus herkömmlichen Seen deshalb bis vor wenigen Jahren technisch viel zu aufwendig. Doch mit neuen mikroporösen Membranen aus Polymermaterialien kann das Gas heute viel effizienter aus Wasser abgetrennt werden. Über sogenannte «hydrophobic gasliquid membrane contactors» (GLMC) kann ein methanhaltiges Gasgemisch vom Wasser abgetrennt und das Methan konzentriert werden. Für die Anreicherung besonders geeignet sind Zeolith-Mineralien; hydrophobe, kristalline Substanzen, die Gase adsorbieren und wieder freigeben können.
In dem von Bartosiewicz, Rzepka und Lehmann veröffentlichten Konzept sucht ein mobiles Gerät, das mit Hochleistungsmembranen ausgestattet ist, auf dem Seegrund autonom nach der höchsten Methankonzentration. Das prozessierte Gas wird über einen Schlauch an eine Auffangstation am Ufer geleitet und dort zu Methanol für die Energieproduktion verarbeitet. «Die Schweiz wäre für die Methangewinnung aus Seen prädestiniert», ist Bartosiewicz überzeugt. Der Grund dafür sind die vielen Stauseen im Land. «Seit kurzem wissen wir, das auch sie grosse Mengen Methan produzieren und an die Atmosphäre abgeben.» Hinzu kommt, dass in der Schweiz mit der Professur für Heterogene Katalyse an der ETH Zürich, die ebenfalls an der Studie beteiligt war, sehr viel Know-how im Bereich der Adsorptionsprozesse mit Zeolith-Mineralien besteht.
Originalpublikation
Maciej Bartosiewicz, Przemyslaw Rzepka, Moritz F. Lehmann Tapping Freshwaters for Methane and Energy Environmetal Science & Technology (2021), doi: 10.1021/acs.est.0c06210
Weitere Auskünfte
Dr. Maciej Bartosiewicz, Universität Basel, Departement Umweltwissenschaften, Tel. +41 61207 59 75, E-Mail: maciej.bartosiewicz@unibas.ch