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Biologische Tattoos: Mikroorganismen auf Gebäudefassaden

Im Projekt REMEDY erforscht ein internationales Team, wie Mikroorganismen als „lebende Tattoos“ auf Fassaden CO₂ speichern, Luft reinigen und Gebäude schützen können.

von | 28.05.25

Verschiedene Pilzarten, isoliert von Gebäudefassaden in der slowenischen Küstenstadt Izola
Quelle: Ana Gubenšek
Mikroorganismen

Ein internationales Forschungskonsortium unter Beteiligung der TU Graz arbeitet im Projekt REMEDY an einem neuartigen Ansatz zur Fassadengestaltung: Mikroorganismen – wie Pilze und Algen – sollen in druckfähige Tinten integriert und auf Gebäudeaußenwände aufgetragen werden. Diese lebenden Gebäude-Tattoos sollen die Fassaden vor Verwitterung schützen, CO₂ speichern und Schadstoffe aus der Luft filtern.

Milliarden Quadratmeter ungenutzte Fläche

Laut Angaben der Europäischen Umweltagentur werden in den kommenden 25 Jahren in der EU Gebäudefassaden mit einer Fläche von insgesamt 9,4 Milliarden Quadratmetern renoviert oder neu errichtet.

„Das ist ein sehr großes Potenzial, das wir nutzen sollten. Mikrobiologische Lebensgemeinschaften auf Dächern und Fassaden könnten zahlreiche Funktionen übernehmen, ohne dabei knappe, unbebaute Flächen zu beanspruchen“, erklärte Carole Planchette vom Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung der TU Graz. Sie ist Teil des REMEDY-Teams.

Mikrobielle Lebensgemeinschaften

Ziel des Projekts ist es, geeignete mikrobielle Lebensgemeinschaften zu identifizieren, die gemeinsam eine stabile und funktionale Oberfläche bilden können. Diese Arbeiten erfolgen unter anderem an der Universität Ljubljana. Dort arbeitet das Team um Mikrobiologin Nina Gunde-Cimerman an der Auswahl geeigneter Mikroorganismen.

„Das Ziel ist ein nützliches Mikrobiom für Gebäude, das widerstandsfähig gegen schädliche Mikroben ist und oberflächliche Risse selbstständig repariert“, so Planchette.

Herausforderung Druckverfahren

Ein wesentlicher Teil des Projekts ist die Entwicklung einer geeigneten, druckfähigen Tinte, in der die Mikroorganismen überleben. Das Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung der TU Graz arbeitet daher an einer geeigneten, biologisch kompatiblen Inkjet-Tinte.

„Wir haben uns für den Inkjet-Druck entschieden, weil wir damit die lebende Tinte sehr präzise, kontrolliert und schnell zugleich auftragen können“, erklärte Planchette.

Die Größe der Mikroorganismen – teilweise mehrere Mikrometer – stellt jedoch eine Herausforderung für das Inkjet-Verfahren dar, das in der Regel mit Partikeln im Nanobereich arbeitet. Daher werden technische Modifikationen am Drucksystem entwickelt. Dies geschieht gemeinsam mit dem slowakischen Inkjet-Spezialisten Qres Technologies und dem österreichischen Beschichtungsexperten Tiger Coatings.

Von der Forschung zur Anwendung

Der European Innovation Council fördert das Projekt REMEDY im Rahmen des EU-Förderprogramms „Pathfinder“ mit rund drei Millionen Euro über vier Jahre.

„Im Projekt REMEDY wollen wir grundlegende Fortschritte im Bereich der Mikrobiologie und synthetischen Biologie erzielen und das Know-how in die Materialwissenschaft übertragen“, sagte Projektkoordinatorin Anna Sandak vom Forschungsinstitut InnoRenew CoE in Izola, Slowenien. „Mit geeigneten Biofabrikationsverfahren soll dann ein personalisiertes Design in der Architektur möglich werden.“

„Ich bin zuversichtlich, dass wir innerhalb der Projektlaufzeit geeignete Tinten und die angepasste Inkjet-Technologie entwickeln. Ich rechne auch damit, dass wir passende Mikroorganismen finden, die in der Tinte und unter dem Stress des Druckvorgangs überleben. Die größte Herausforderung in den vier Jahren wird es sein, diesen Prozess vollständig reproduzierbar gestalten zu können. Denn lebende – also sich wandelnde – Tinten für industrielle Prozesse wie den Tintenstrahldruck zu verwenden, die nur sehr geringe Parameterschwankungen tolerieren, ist absolutes Neuland“, so Planchette.

Bildquelle, falls nicht im Bild oben angegeben:

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