Bioaktivkohle aus nachwachsenden Rohstoffen herstellen und den dafür nötigen Energiebedarf klimaneutral decken – dieses Ziel verfolgt ein gemeinsames Forschungsprojekt des Fachgebiets Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe der Universität Hohenheim in Stuttgart und der carbonauten GmbH in Giengen. Nach der Genehmigung der Förderung durch das Bioökonomie Innovations- und Investitionsprogramm für den Ländlichen Raum (BIPL BW) des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Dezember 2021, startet jetzt das auf zwei
Jahre ausgelegte Forschungsprojekt.
Biorestmasse in Biokohlenstoff umwandeln
Als Resultat soll ein PM Anlagenmodul entstehen, mit dem sich aus Biorestmasse gewonnene Biokohlenstoffe durch Wasserdampf aktivieren lassen. Als Grundlage dient dabei die minus CO2-Technologie der carbonauten: Karbonisierungsanlagen wandeln Biorestmasse in Biokohlenstoffe um, wodurch CO2 aus der Atmosphäre dauerhaft gebunden wird und ein Überschuss an Erneuerbarer Energie entsteht. „Die Nachfrage nach Aktivkohle als Adsorptionsmittel für Chemie und Medizin, Abwasser- und Abgasbehandlung oder Klimatechnik steigt ständig“, erklärt Torsten Becker, Geschäftsführer der carbonauten. „Aber bisher entsteht sie in der Regel aus fossilen Rohstoffen, und die Verfahren benötigen große Mengen an Energie, die ebenfalls meist aus fossilen Quellen stammen. China ist der weltweit größte Hersteller, überwiegend mit umweltfeindlichen Verfahren. Wir sind überzeugt, das geht mit unserem System ökologisch nachhaltiger und wirtschaftlicher. Daher freuen wir uns, das in unserem bisher größten Forschungsprojekt zusammen mit der Universität Hohenheim zu beweisen.”
Die Kooperation ist auch für Prof. Dr. Andrea Kruse vom Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe der Universität Hohenheim ein wichtiger Schritt: „Wir arbeiten seit vielen Jahren an der Herstellung von Aktivkohlen und Hochleistungskohlenstoffen. Dieses Wissen wollen wir auch in die Anwendung bringen. Die carbonauten sind für uns als Partner besonders interessant, weil sie kompakte und modular erweiterbare Anlagen bauen und ein dezentrales Konzept vertreten. In der Bioökonomie ist es wichtig, dass die Transportwege kurz sind, die Anlagen aber aufgrund der Größe (Economy of Scale) nicht teuer werden. Das erfordert neue Technologien, und die carbonauten haben eine besonders gute entwickelt.“
Erster Schritt sind kleine Prototypen
Im ersten Schritt entstehen in gemeinsamer Entwicklungsarbeit kleine Prototypen von Retorten. Dabei handelt es sich um Reaktoren, in denen Wasserdampf und Wärme möglichst gleichmäßig auf die Kohle einwirken sollen, um diese zu aktivieren. Auch die optimale Art von Biomasse als Grundlage für die Aktivkohle wird dabei ermittelt. Die carbonauten werden im nächsten Schritt einen Prototyp im 1:1-Format an ihrem Pilotstandort in Eberswalde konstruieren. Ihre Karbonisierungsanlagen bilden die technologische Basis, der Energiebedarf der Aktivierungsretorten wird durch den Energieüberschuss bei der Karbonisierung von Biorestmasse gedeckt – insgesamt ein nicht nur klimaneutrales, sondern sogar CO2-negatives Verfahren dank der zugrundeliegenden minus CO2-Technologie der carbonauten.
Torsten Becker erklärt: „Unser strategisches Ziel ist baldmöglichst in Baden-Württemberg dezentrale Anlagen zur Herstellung von Bioaktivkohle zu errichten, die im Sinne einer zirkulären Bioökonomie regional erzeugte Biomasse-Restströme regional nutzen. Durch die Herstellung von Bioaktivkohle wird der Kohlenstoff aus der Biomasse lange dem Kohlenstoffkreislauf entzogen. Der Ersatz von fossiler Aktivkohle spart CO2-Emissionen und verhindert die umweltproblematische Produktion. Zudem werden neue Einkommensquellen im ländlichen Raum geschaffen.“
Weitere Ergebnisse und Expert:innen zur Bioökonomie unter www.uni-hohenheim.de.