02.05.2023 Ι Die Europäische Kommission hat ein europäisches Forschungsinfrastruktur-Konsortium gegründet. ACTRIS (Aerosol, Clouds and Trace Gases, Research, Infrastructure) soll Wissenschaft, Wirtschaft und Behörden den Zugang zu hochwertigen Beobachtungsdaten eröffnen sowie die Spitzenforschung und internationale Zusammenarbeit im Bereich der Atmosphären-Forschung fördern.
Um die treibenden Kräfte des Klimawandels und der Luftverschmutzung verstehen zu können, ist es notwendig, ausreichend Daten über kurzlebige atmosphärische Bestandteile (Aerosole, Wolken und Spurengase), ihre räumliche und zeitliche Verteilung sowie die zugrunde liegenden Prozesse zur Verfügung zu haben. ACTRIS liefert langfristige Beobachtungsdaten von hoher Qualität und ausreichender Dichte, um zuverlässige Vorhersagen zu ermöglichen. Dies schließt kurzfristige Wetter- und Gesundheitswarnungen sowie langfristige Auswirkungen des Klimawandels ein.
Kampf gegen Luftverschmutzung und Klimawandel
Die Europäische Kommission hat ACTRIS offiziell als europäisches Forschungsinfrastruktur-Konsortium mit der Rechtsform ERIC (European Research Infrastructure Consortium) gegründet. Mit seinem ERIC-Status ist ACTRIS nun rechtlich als europäische Forschungsinfrastruktur für die Atmosphärenforschung anerkannt. Diese Entscheidung der Europäischen Kommission gibt ACTRIS eine stabile rechtliche Struktur, die den länderübergreifenden Betrieb langfristig ermöglicht. Die Forschenden, die zu ACTRIS kommen, um vor Ort an den Zentralen oder Nationalen Einrichtungen zu arbeiten, werden in der Lage sein, multidisziplinäre Studien durchzuführen, die sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die angewandte Forschung relevant sind. Der Nutzen für die Gesellschaft reicht dabei von Strategien zur Verringerung von Schadstoffemissionen und der Verbesserung der Luftqualität über die Eindämmung des Klimawandels bis hin zum Erreichen der Ziele des europäischen Green Deal.
„Es ist schön zu sehen, dass es nach vielen Jahren Arbeit jetzt richtig losgeht und ACTRIS offiziell gestartet ist. Damit bekommen wir die Grundlage, die wir brauchen, um gesellschaftsrelevante Fragestellungen der Atmosphärenforschung langfristig und nachhaltig anzugehen“, sagt Ulla Wandinger vom TROPOS, Koordinatorin des deutschen Beitrags zu ACTRIS und des Aufbaus der deutschen Nationalen Einrichtungen.
Weiterentwicklung neuer Technologien
ACTRIS erhebt bereits seit über einem Jahrzehnt Beobachtungsdaten an mehr als 80 Standorten in Europa und weltweit. Die qualitätsgesicherten Messungen bieten beispiellose Einblicke in die Wirksamkeit von Emissions-Minderungsmaßnahmen in Europa und zeigen die komplexen Rückkopplungsmechanismen auf, die im Klimasystem wirken. Hunderte von Forschenden aus der ganzen Welt, aber auch die private Wirtschaft haben Observatorien und Simulationskammern von ACTRIS genutzt, um neue Experimente durchzuführen, neue Instrumente zu entwickeln oder sich in neuen Technologien weiterzubilden. Bereits jetzt greifen jedes Jahr über 5000 Personen in rund 50 Ländern der Welt für ihre Forschung auf die ACTRIS-Datenbank zu.
Übergang in die Betriebsphase bevorstehend
Der Aufbau von ACTRIS in Europa läuft noch bis 2025, danach wird ACTRIS in die Betriebsphase übergehen. Spätestens dann sind alle ACTRIS-Dienste über die Website zugänglich. Finnland erhält den satzungsmäßigen Sitz und wird die Gesamtkoordination von ACTRIS übernehmen, während Italien den Zugang zu den ACTRIS-Diensten verwalten wird. Deutschland trägt einen Großteil des technischen Know-hows bei und wird dieses in der Zukunft im Rahmen von ACTRIS auch weiterentwickeln.
“Diese Entscheidung bedeutet, dass die ACTRIS-Einrichtungen nun rechtlich gemeinsam als eine Organisation agieren können”, sagt Eija Juurola, Interimsleiterin des ACTRIS-Koordinationsbüros. “Die Entscheidung kommt zu einem wichtigen Zeitpunkt, da der Übergang zum Betrieb bereits stattfindet und sich die Synergien mit den Forschenden und der Industrie kontinuierlich entwickeln.”
Die ACTRIS-Einrichtungen mit mehr als 100 beteiligten Institutionen bilden zusammen die größte standortübergreifende Infrastruktur für die Atmosphärenforschung in der Welt. ACTRIS bietet seinen Nutzerinnen und Nutzern freien Zugang zu Messeinrichtungen, Fachwissen, Schulungsmöglichkeiten und FAIR4-Datenmanagementdiensten. Alle Interessierten, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Fachgebiet oder ihrem Tätigkeitsbereich, können von den europaweiten Open-Access-Diensten von ACTRIS profitieren. ACTRIS zielt darauf ab, die Exzellenz in der Erdsystembeobachtung und -forschung zu steigern, indem der Gesellschaft Wissen zur Entwicklung nachhaltiger Lösungen der vorhandenen Probleme bereitgestellt wird.
Wer sind die ACTRIS-D Partner?
Am deutschen ACTRIS-Beitrag (ACTRIS-D) sind insgesamt 11 Universitäten, Forschungsinstitute und Behörden beteiligt.
- Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
- Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ)
- Alfred-Wegener-Institut (AWI)
- Bergische Universität Wuppertal (BUW)
- Goethe-Universität Frankfurt am Main (GUF)
- Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)
- Universität Bremen (UBRE)
- Universität zu Köln (UzK)
- Deutscher Wetterdienst (DWD)
- Umweltbundesamt (UBA)
Der Aufbau der deutschen Kalibrierzentren, Beobachtungsstationen, Atmosphären-Simulationskammern und mobilen Messplattformen wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über acht Jahre mit insgesamt 86 Millionen Euro gefördert. Gleichzeitig hat das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) die Finanzierung des deutschen Mitgliedsbeitrags und des Betriebs der deutschen Kalibrierzentren übernommen. Koordiniert wird ACTRIS-D durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig.
Ansprechpartner und Informationen
Dr. Ulla Wandinger
Koordinatorin des deutschen Beitrags zu ACTRIS und des Aufbaus der deutschen Nationalen Einrichtungen
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
Tel. +49-341-2717-7082
Dr. Markus Hermann
Koordinator für den Aufbau der deutschen Zentralen Einrichtungen
Prof. Dr. Andreas Macke
Direktor des TROPOS